Prof. Dr. med. Albert Landsberger (1927 - 2016)

Im Jahr 2003 begannen wir, die Publikationen meines Vaters Albert Landsberger zu digitalisieren und online zugänglich zu machen. Zu dieser Zeit war er noch sehr aktiv als Arzt und Forscher und stand in regem Gedankenaustausch mit Kollegen aus so verschiedenen Fachbereichen wie Anatomie, Biochemie, Innere Medizin, Pathologie, Pharmazie, Philosophie und Statistik.

Mit seinem Tod hat sich auch die Zielsetzung dieses Bereichs verändert. An die Stelle des lebendigen Diskurses ist das Gedenken getreten.

Wer ihn als Student in Vorlesung oder Kurs erleben durfte, wird sich an die zahlreichen humorvollen Bemerkungen und Wortspiele erinnern, die ihm tatsächlich spontan während des Unterrichts einfielen. Gerne waren Politiker das Ziel seiner Pointen. Bereits in der Einführungsvorlesung Bewegungsapparat für Erstsemester legte er großen Wert darauf, auch das Wesen des Arztseins zu vermitteln, das sich nicht in rein naturwissenschaftlichen Zusammenhängen erschöpft. Wann immer möglich, schilderte er historische Begebenheiten, orientalische Mythen oder las aus Märchen vor, in denen ärztliches Handeln, Krankheit, Sterben oder Genesung eine zentrale Rollen spielen.

Albert Landsberger, Portrait Dagmar Landsberger

Obwohl als Anatom an der ⇸Universität Heidelberg einem theoretischen Fach verpflichtet, hielt er stets engen Kontakt mit der Klinik und war auch selbst als Arzt tätig. Dieser Einsatz am Lebenden war sehr willkommen, nicht nur wegen der in den frühen 1970iger Jahren immer noch geringen Arztdichte im ländlichen Raum, sondern weil er jeden Patienten mit großer Sorgfalt und Freundlichkeit behandelte und auch schwierige Zusammenhänge mit einfachen Worten sehr anschaulich darstellen konnte.

Er stand auch Menschen mit unheilbaren Erkrankungen zur Seite, die von der "modernen" Medizin dieser Zeit mangels Erfolgsaussicht allein gelassen wurden.

Mit Nachdruck setzte er sich dafür ein, unvoreingenommen auch unkonventionelle Methoden der Krebsbehandlung experimentell und klinisch zu überprüfen; zum einen, damit keine potenziell wirksame Behandlungsoption übersehen wird, zum anderen, um Patienten vor den gesundheitlichen und wirtschaftlichen Risiken nutzloser Therapien zu bewahren. Zu Unrecht heftete man ihm deshalb das Etikett des "Alternativmediziners" an, denn sein Ziel war immer die objektive Testung nach validen Kriterien. Allerdings hatte er erkannt, dass eine auf Tumorgröße und Lebenszeitverlängerung beschränkte Betrachtung dem Menschen nicht gerecht wird, sondern dass auch die Verbesserung der Lebensqualität Behandlungsziel sein muss.

Ohne Rücksicht auf Karriererisiken trat er in seiner eigenen Forschung fehlerhaften Lehrmeinungen entgegen. In aufwendigen experimentellen Untersuchungen am Tier bestätigte er die Existenz einer körpereigenen Abwehr gegen Krebs zu einer Zeit, als diese Fähigkeit des Körpers in der Fachwelt noch vehement bestritten wurde, und war somit ein Pionier der Tumorimmunologie.

Seine Ergebnisse legten den Schluss nahe, dass nicht nur das lymphatische System, sondern auch das Bindegewebe wichtiger Bestandteil dieser körpereigenen Abwehr sein könnte. In seiner weiteren Arbeit konzentrierte er sich darauf, die Mechanismen besser zu verstehen und suchte nach Möglichkeiten, diese für die Krebstherapie nutzbar zu machen.

Daraus resultierten zwei Ansätze: Zum einen das Arzneimittel AM68/89, das von 1971 bis 1988 eingesetzt und mit positiven Ergebnissen in prospektiven Studien klinisch gestestet wurde. Zum anderen die Verwendung bestimmter Glykosaminoglykane zur Verbesserung der Wirksamkeit und Verringerung der unerwünschten Wirkungen einer zytostatischen Chemotherapie. Nach überzeugenden Resultaten im Experiment und bei gesicherter guter Verträglichkeit der Substanz, bereitete er auch hier den Start der klinischen Erprobung vor, doch blieb ihm trotz fertiger Studienprotokolle und der Bereitschaft mehrerer Klinikchefs die unabdingliche industrielle Unterstützung versagt.

Vor allem in den späteren Jahren hielt er häufig Vorträge zum besseren Verständnis der Krebserkrankung für Patienten und ihre Angehörigen. In der Folge kam es zu einer stetigen Zunahme von Anfragen, weshalb er sich nach dem Ende seiner Lehrverpflichtungen entschloss, sein Wissen und seine Erfahrung als Berater und Therapeut an zwei Nachsorgekliniken einzubringen.

Dank seines Enthusiasmus und der liebenswerten Unterstützung durch die Kolleginnen Constanze Funck und Ursula Haltenhoff war es ihm möglich, bis zum Sommer 2009 regelmäßige Sprechstunden anzubieten und so langjährig bestehende, vertrauensvolle Patientenbeziehungen aufrecht zu erhalten. In den letzten Jahren, vor allem nach dem Tod seiner Ehefrau, beeinträchtigte eine chronische Erkrankung zunehmend seine eigene Lebensqualität und Schaffenskraft. Am 26.06.2016 verstarb er im Alter von neunundachtzig Jahren in Heidelberg.

 

Während seiner gesamten Laufbahn als Wissenschaftler war er dafür berüchtigt, Publikationen zur falschen Zeit in der falschen Fachzeitschrift zu verstecken. Deshalb hier eine Auswahl seiner wichtigsten Arbeiten.

Und was sonst nirgendwo steht: Er war ein ausgezeichneter Tischtennisspieler, der uns junge Assistentinnen und Assistenten in den Arbeitspausen mit großem Vergnügen von der Platte fegte.

 

Arbeiten (Volltexte und Übersichten)

 

Leben

Schwerpunkte der Lehrtätigkeit:

Forschungsgebiete:

Publikationen

 

Portrait: Dagmar L., Text: Malte L.